Haidhausen und die Au haben sich von Arbeiter-Vorstädten zu begehrten Wohnvierteln entwickelt. Spaziert man durch die Gassen mit kleinen Geschäften und grünen Innenhöfen, hat man fast das Gefühl, in einem Dorf mitten in der Stadt zu ein.
Um 808 das erste Mal urkundlich erwähnt, ist Haidhausen wesentlich älter als das Kerngebiet Münchens. Zusammen mit der benachbarten Au und Giesing gehörte es lange Zeit zu den Vorstädten Münchens, bis alle Mitte des 19. Jahrhunderts in die Stadt eingemeindet wurden.
Außerhalb des Altstadtkerns, auf der rechten Seite der Isar, lebten einst Tagelöhner, ausländische Gastarbeiter und vom Land Zugezogene. Jahrhundertelang verdienten sie mit dem Abbau von Kies und Lehm ihren Lebensunterhalt. Die Wasserkraft der Isar und ihrer Nebenarme nutzend, siedelten sich Gewerbe wie Gerbereien und Fischereien an.
Aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammen die liebevoll restaurierten Herbergshäuser. Der malerische Charme, den die niedrigen Häuschen heute ausstrahlen, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier einst ärmlichste Wohnverhältnisse herrschten.
Unter welch beengten Bedingungen eine Großfamilie sich Bett, Tisch und Stühle teilen musste, zeigen zwei Räume im Herbergsmuseum des Üblacker-Häusls an der Preysingstraße, die im Stil alter Tagelöhnerbehausungen eingerichtet sind.
Ein weiteres Beispiel für ein ehemaliges Herbergsanwesen ist der imposante Kriechbaumhof gegenüber, der bereits im 18. Jahrhundert existiert hatte. Der typisch dörfliche Charakter Haidhausens zeigt sich auch auf dem malerischen Friedhof mit der alten Haidhauser Kirche und in den vielen beschaulichen Gassen.
Gefragt nach den Besonderheiten Haidhausens, sind sich die junge Café-Besitzerin Nora Wolf und ihre Gäste in der Elsässer Straße einig: Das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Nachbarschaft ist einzigartig. Bei jedem wichtigen Fußballspiel werden schnell einmal Tische, Stühle und Fernseher aus den Wohnungen auf die Straße vor das Café geräumt, um an einer langen, provisorisch errichteten Tafel gemeinsam mit den Fußballern mitzufiebern.
Viele Haidhauser zieht es daher immer wieder in diesen Stadtteil zurück, wo man sich seit langem kennt und grüßt. Zweimal im Jahr laden die Einheimischen zu ihren Hinterhof-Flohmärkten ein. Eine gute Gelegenheit, um einmal einen Blick hinter die Fassaden der Wohnhäuser in die idyllischen Hinterhöfe zu werfen.
Direkt an den Wiener Platz grenzt der Hofbräukeller. Bis zur Erfindung der Kältemaschine 1876 durch Carl von Linde befanden sich im Untergrund des Isarhochufers die Bierkeller von über 50 Brauereien.
Westlich des 1871 eingeweihten Ostbahnhofs entstand in den Jahren nach dem Deutsch-Französischen Krieg das „Franzosenviertel“. Der Pariser Platz, der Weißenburger Platz und der Bordeauxplatz sind beliebte Treffpunkte im Stadtteil.
Das Herz von Haidhausen ist der Wiener Platz. Wegen seiner Nähe zur Ausfallstraße in Richtung Wien erhielt der Platz mit dem dort befindlichen Markt seinen Namen. Zahlreiche Gemüse-, Obst- und Blumengeschäfte gibt es hier. Von der „Boulangerie“ über die Fischbraterei bis zum Weinstand: Man könnte hier einen ganzen kulinarischen Tag verbringen, an den Tischen im Freien sitzend, die Menschen und Straßenszenen beobachtend.
Haidhausen ist jedoch nicht nur klein und beschaulich, sondern bietet auch eine Reihe gewichtiger Institutionen und Sehenswürdigkeiten: Hinter dem Wiener Platz, am Isarhochufer gelegen, überragt das Maximilianeum die prächtige Maximilianstraße, die über die Isarbrücke hinweg Haidhausen mit der Altstadt verbindet.
Einst als Hochbegabtenstiftung für Studenten zur Vorbereitung auf den Staatsdienst gebaut, ist es seit 1949 vor allem durch ihren prominenten Mieter, den Bayerischen Landtag, bekannt.
Direkt an den Wiener Platz grenzt der Hofbräukeller. Bis zur Erfindung der Kältemaschine 1876 durch Carl von Linde befanden sich im Untergrund des Isarhochufers die Bierkeller von über 50 Brauereien. Über den Kellern wurden Schatten spendende Kastanienbäume gepflanzt – der Münchner Biergarten war geboren. Relikte aus dieser Zeit sind der Hofbräukeller, einst Braustätte des Hofbräubiers, und das zum Kulturzentrum umgebaute „Einstein“ mit dem Jazzclub „Unterfahrt“.
Folgt man der Inneren Wiener Straße in Richtung Süden, gelangt man zum Gasteig. Der „gache“ (= steile) Steig war im Mittelalter die einzige Verbindung Münchens mit dem östlichen Isarufer. Die schweren Salzfuhrwerke fuhren von Bad Reichenhall und Rosenheim kommend, den steilen Berg hinab auf ihrem Weg nach München und weiter in Richtung Augsburg.
Heute ist der Gasteig Namensgeber für das Münchner Kulturzentrum, das hier seit 1985 seinen Sitz hat. Es ist Heimstätte der weltberühmten Münchner Philharmoniker.
Unterhalb, direkt am Isarufer, befindet sich das Muffatwerk, ein ehemaliges Elektrizitätswerk aus dem 19. Jahrhundert. Heute kann man hier die Performances aufstrebender Stars der Musik-, Theater- und Tanzszene erleben.
Gleich nebenan liegt das Müller'sche Volksbad. Erbaut um 1901, stammt das pittoreske Jugendstilbad aus einer Zeit, als eigene Bäder in Privathaushalten noch nicht überall üblich waren. Schwimmen, Schwitzen und Saunieren werden hier zum stilvollen Vergnügen; und auch die erneuerten Wannenbäder lassen sich noch heute anmieten. Sogar die „Zamperl“ (= Hunde) der Einheimischen hatten dort früher ihr eigenes Zamperlbad.
Gleich gegenüber erbaute 1910 der Kino-Pionier Carl Gabriel die Museums-Lichtspiele, Münchens zweitältestes Kino. Bis heute hat es seinen plüschigen Charme bewahrt. Seit 30 Jahren ist es Kultstätte des verfilmten Rockmusicals „Rocky Horror Picture Show“ und zeigt auch viele aktuelle Filme in Originalfassung.
Heute findet die Auer Dult dreimal im Jahr statt: als Mai-, Jakobi- und Kirchweihdult. Neben Ständen mit Antiquitäten und Töpferwaren locken Schmankerl wie Steckerlfisch, Bratwürste und Schmalzgebäck sowie ein Riesenrad und Kinderkarussell.
Ein paar Schritte weiter, die Isar flussaufwärts, ist man bereits in der Au. In der ursprünglichen Auenlandschaft waren vor allem Mühlen und herrschaftliche Gärten angesiedelt. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Au jedoch zu der am dichtesten besiedelten der drei Vorstädte. Nahe am Zentrum und am Gärtnerplatzviertel gelegen ist der Stadtteil heute beliebtes Wohnviertel und Standort des Deutschen Museums.
Bekannt ist die Au vor allem durch zwei Münchner Feste, die hier jedes Jahr stattfinden: die Auer Dult und das Starkbierfest am Nockherberg.
Die Dult, einst ein Kirchenfest mit Fernhandelsmesse, die bereits 1310 existierte, wurde im 19. Jahrhundert mit dem Auer Trödelmarkt zusammengelegt. Heute findet die Auer Dult dreimal im Jahr statt: als Mai-, Jakobi- und Kirchweihdult. Neben Ständen mit Antiquitäten und Töpferwaren locken Schmankerl wie Steckerlfisch, Bratwürste und Schmalzgebäck sowie ein Riesenrad und Kinderkarussell.
Der Nockherberg ist weit über die Stadtteilgrenzen hinaus bekannt. Alljährlich findet hier im Rahmen des Starkbierfestes das Politiker-„Derblecken“ statt, wo der Politprominenz bei einem Singspiel die Leviten gelesen werden.
Gleich um die Ecke, in der Zeppelinstraße 41, wurde der im deutschsprachigen Raum wohl bekannteste Bürger der Au geboren: Karl Valentin. In seinen humoresken, skurrilen Theaterstücken und Geschichten beschrieb er das harte, entbehrungsreiche Leben in den 1920er- und 1930er-Jahren in der ehemaligen Vorstadt. Seine zahlreichen hintersinnigen Sprüche und Theaterstücke sind im Valentin-Karlstadt-Musäum im Isartor zu erleben.
Der idyllische Auer Mühlbach erinnert noch heute an die Zeit, als die Isar einer der Hauptenergielieferanten der Stadt und ihrer Vororte war. Beschaulich liegt hier Münchens „Klein-Venedig“. Spaziergänge am Auer Mühlbach: www.auer-muehlbach.de
Hören Sie sich die Podcastfolge mit Gasteig-Geschäftsführer Max Wagner an, der mit unserer Autorin einen Spaziergang durch Haidhausen macht.